

Neben meiner Rolle als Berater und Interimmanager bin ich vor einiger Zeit bei einem StartUp als COO eingestiegen. COO im StartUp bedeutet – bring die Kuh zum fliegen… Sehr spannend, aber auch sehr herausfordernd, daher möchte ich gerne in diesem und den nächsten Artikeln unsere Learnings aus der Startphase und den ersten Projekten gerne mit Euch teilen.
In diesem ersten Artikel soll es zunächst darum gehen, wie wichtig ein gutes Engineering für einen erfolgreichen Einkauf und wettbewerbsfähige Preise ist. Aber zunächst zum StartUp bzw. dem Produkt.
Thomas Bigwood, unser kreativer Kopf und Gründer, arbeitete zur Zeit der Gründung des Unternehmens in der Automobilindustrie im Design und suchte für seinen Sohn einen Spielplatz. Als Designer fand er aber auf dem Markt keinen Spielplatz, der ihn ansprach. Und so beschloss er einfach selbst einen Spielplatz zu entwerfen und fertigen zu lassen, woraus sich die Firma Canopy Design GmbH entwickelte.
Da der erste Spielplatz für den Hausgebrauch aber qualitativ nicht einem verkaufbaren Produkt genügte, kam ich dann als Operationsspezialist ins Spiel um entsprechende Lieferanten zu finden, die in Zukunft als tragfähige Partner fungieren sollten.
Thomas kam zu mir mit seinen Skizzen und der Bitte diese „fertigen Zeichnungen“ bitte bei Bietern anzufragen und tragfähige Angebote einzuholen. In der Annahme, dass die Zeichnungen wirklich fertig seien, also erstmal eine durchaus lösbare Aufgabe neben meiner Beratertätigkeit.
Leider mussten wir dann feststellen, dass die „fertigen Zeichnungen“ vielmehr grobe Visualisierungen waren und so schöne Dinge fehlten wie:
Zusammengefasst, es fehlte das Engineering!
Weil aber trotzdem „mal angefragt“ werden sollte, erhielten wir horrende Preise. Bieter kalkulierten natürlich a) das Engineering mit Erstellung der Fertigungszeichnungen an sich und b) die Unwägbarkeiten, die sich ergeben könnten mit ein. Der Einkaufspreis hätte somit über dem Verkaufspreis gelegen. Und weil StartUps nun mal naturgemäß immer knapp bei Kasse sind, wurde aus dem „kurz anfragen” dann doch mehr.
Wir brauchten wohl doch ein Engineering und entsprechend technisch tragfähige Spezifikationen. Unterstützt wurden wir dann durch jemanden mit der entsprechenden Engineeringkompetenz und der sich zudem auch noch mit den entsprechenden Normen für Spielplätze auskannte und weil Engineering so wichtig ist, haben wir uns bei Canopy Design entschieden, diese Kompetenz in house zu haben. Dadurch können wir die Qualität unserer Produkte viel besser kontrollieren und auch gewährleisten.
Eine Engineeringrunde weiter hatten wir eine vollständige Spezifikation und – o Wunder – die Preise purzelten. Wir konnten einen sauberen Anfrageprozess durchführen, Bieter nahmen nun ihren Risikoaufschlag aus den Angeboten und wir haben letztlich für das Projekt die passenden Partner auf dem Markt gefunden.
Und wie so oft im Einkauf wurde wieder einmal nachgewiesen, dass, je besser die Spezifikation, desto geringer das Risiko für den Lieferanten und desto besser die Preise bzw. das Preis-Leistungsverhältnis.
Design ist der erste Schritt – aber für ein belastbares Angebot braucht es eine solide technische Grundlage. Doch was gehört eigentlich in eine gute technische Zeichnung bzw. Spezifikation.
1. Materialangaben
Welche Werkstoffe sollen verwendet werden? Holz, Stahl, Aluminium – und wenn ja, in welcher Qualität? Ohne diese Angabe kann keine realistische Kalkulation erfolgen.
2. Toleranzen
Wie genau müssen Maße eingehalten werden? Je nach Funktion und Passung können unterschiedliche Toleranzen nötig sein – und beeinflussen Aufwand und Kosten maßgeblich.
3. Befestigungen und Verbindungstechnik
Wie sollen Einzelteile miteinander verbunden werden? Geschraubt, geschweißt, gesteckt, geklebt? Und mit welchen Mitteln?
4. Bemaßungen
Exakte Maße sind die Grundlage jeder Fertigung. Eine 3D-Visualisierung ersetzt keine vollständige, technisch eindeutige Bemaßung.
5. Oberflächenbehandlung / Finish
Soll das Teil lackiert, pulverbeschichtet, verzinkt, gebeizt, geölt oder naturbelassen sein? Das beeinflusst sowohl die Optik als auch den Korrosionsschutz.
7. Fertigungsmethoden / Herstellverfahren
Gibt es Anforderungen oder Einschränkungen bei der Herstellung (z. B. CNC-Fräsen, Laserschneiden, 3D-Druck)? Falls ja, sollten diese benannt werden.
6. Normen und Standards
Welche Normen müssen eingehalten werden (z. B. DIN EN 1176,)? Besonders relevant für sicherheitskritische Komponenten und Zertifizierungen.
7. Stückliste (BOM – Bill of Materials)
Bei Baugruppen ist eine vollständige, strukturierte Stückliste essenziell: Was gehört dazu, in welcher Menge, mit welchen Eigenschaften?
8. Montagehinweise / Explosionszeichnungen
Gerade bei komplexeren Produkten sollte die Montage logisch nachvollziehbar dokumentiert sein – idealerweise visuell unterstützt.
Hierzu haben wir im nächsten Artikel die ein oder andere Anekdote, wie wichtig vollständige BOMs und Montagehinweise sind 😊.
9. Prüfanforderungen / Abnahmebedingungen
Welche Qualitätssicherungsmaßnahmen sind vorgesehen? Müssen bestimmte Maße oder Eigenschaften geprüft und dokumentiert werden?
10. Verpackungsanforderungen / Logistikvorgaben
Wie soll das Produkt angeliefert werden? Einzeln verpackt, auf Paletten, mit Schutzfolie – diese Angaben können spätere Schäden vermeiden.
Was ist Eure Erfahrung mit der Qualität von (technischen) Spezifikationen?